Themen Deep Dive 1
Die “letzte Meile” – der Schlüssel zum direkten Konsumentenzugang
In unserem einleitenden Beitrag haben wir uns damit befasst, warum die Corona-Krise die Online-Riesen noch größer machen könnte, und warum es für alle anderen (Online-)Händler schwer sein wird, diesem Trend entgegenzuwirken. In unserem aktuellen Beitrag beschäftigen wir uns nun mit dem direkten Konsumenten-Touchpoint und dem heiß umkämpften Schlüssel dazu – der "letzten Meile”
Die letzte Meile ist die wichtigste erlebbare Händler-Kunden-Schnittstelle
Beim Online-Einkauf wollen Konsumenten vor allem eines: eine “convenient” Lösung für ihr Einkaufserlebnis und damit vor allem eine schnelle und planbare Lieferung der Ware an die Haustür. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Lieferkette so aufstellen müssen, dass diese mehrmals täglich lieferfähig ist, um nicht nur kurze Lieferzeiten sondern auch Wunschtermine für möglichst viele Kunden gewährleisten zu können. Eben diese Wunschtermine für die Lieferung bieten den Kunden ein neues Level an “Convenience” und Planbarkeit, bedeuten aber auch ein neues Level an Komplexität für Unternehmen in der Planung und Belieferung.
Die allermeisten Händler stehen aber vor der Herausforderung, dass sie selbst in dicht besiedelten Metropolregionen nicht ausreichend Absatzvolumen haben, um Kunden kosten- und flächendeckend diese schnelle und individuell getaktet Belieferung bieten zu können. Aktuelle händlerindividuelle Strukturen können, die dies heute und vermutlich auch zukünftig nicht profitabel be- und erwirtschaften können.
Die Auswahl passender Partner ist maßgeblich für den Erfolg
Die Konsequenz ist eindeutig - Unternehmen werden sich zusammenschließen müssen. Sie werden ein Ökosystem aufbauen müssen, um die Logistikanforderungen der “letzen Meile” zu bewältigen und die von den Online-Riesen gesetzte Messlatte zu erreichen. Wichtig wird es für Unternehmen daher, herauszufinden mit welchem/n Händler-Partnerunternehmen eine Zusammenarbeit am sinnvollsten sein könnte und welchen Mehrwert neutrale dritte Spieler / Logistikdienstleister in der Kooperation stiften können.
Für die Einschätzung welcher Partner sich für eine Zusammenarbeit anbietet, gibt es neben dem reinen Bestellvolumen eine Reihe von kritischen Faktoren, die bei der Auswahl eine wichtige Rolle spielen:
Vorab sollten sich die Partner über das Ambitionsniveau beim Servicelevel einig werden, da die Definition der Rahmenparameter entscheidend ist für die Bewertung der Eignung möglicher Partner.
Im nächsten Schritt sollte bedacht werden inwieweit sich die Anforderungen an die Transportvoraussetzungen der jeweiligen Produkte ergänzen und kompatibel sind (z.B. Paketlogistik, 1-/2-Mann Handling, Spezialanforderungen für z.B. Dreizonen-Frische).
Ebenso ist eine komplementäre oder überschneidende Gebietsabdeckung der Zielgruppen (je nach individuellen Volumina und Setup der Partner) wichtig, um die Größe der möglichen Synergien bzw., Skalengewinne bei der gemeinsamen Auslieferung zu bewerten.
Das Bestellverhalten der Kunden ist ein weiterer Faktor der eng mit der Gebietsabdeckungen zusammen hängt und beachtet werden muss. Insbesondere der Vergleich typischer Bestellverläufe und Bestellzeitfenster, sowie die Frage, ob Bestellspitzen und -tiefen zeitgleich oder zeitversetzt bzw. gegenläufig auftreten, spielt eine Rolle bei der Effizienz- und Ertragsbewertung.
Zuletzt spielen auch die vorhandenen Lieferketten-Setups eines möglichen Partners eine wichtige Rolle. Aus Effizienz- und Kostengründen kann es von Vorteil sein, wenn die schon gegebenen Hub-Strukturen und das logistische Setup inklusive IT-Systemen (v.a. Routenplanungstools) ohne große Anpassungen kompatibel sind.
Die Tourenplanung ist das Herzstück eines effizienten Serviceangebots auf der letzten Meile
Aus der Auswahl des Partners sowie der definierten Value Proposition und des angestrebten Servicelevels für Kunden ergeben sich die Rahmenparameter der Tourenplanung, wie z.B. die Häufigkeit der Distributionsläufe (z.B. Häufigkeit pro Tag), maximale Lieferdauer und angestrebte Zeitfenster. Wichtig hierbei ist das Ausspielen der Lieferoptionen in Echtzeit. Nur so können Unternehmen eine Sicherheit für Lieferzeitpunkt / -fenster gewährleisten. Ein entscheidender Vorteil bei der Tourenplanung ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz oder lernenden Algorithmen. Durch diese Technologien können eine Vielzahl relevanter Faktoren, wie z.B. Wartezeiten bei der Auslieferung durch die jeweilige Parksituation vor Ort, berücksichtigt werden und somit stetig die Tourenplanung anpassen und optimieren.
Spannend ist vor allem die Zusammenarbeit der Partnerunternehmen für die gemeinsame Planung der Touren. Hier gibt es zahlreiche Optionen diese zu koordinieren. Je nach gewünschter Integrationstiefe könnten Unternehmen z.B. bei ihren Touren Slots anbieten bzw. buchen oder aber die jeweiligen Tourenstartpunkte über Loops verbinden.
Die ”letzte Meile” ist nur der Anfang
Wenn man die diskutierten Skalenherausforderungen und Geschäftsmodellimplikationen Revue passieren lässt, wird schnell klar, dass die “letzte Meile” nur ein Startpunkt des gemeinsamen Ökosystems sein kann – wenn auch ein wichtiger, da es den Schlüssel für den direkten Konsumentenkontakt liefert. Um aber die nächste Effizienzstufe zu erreichen, ist es nur logisch, dass Händler über die nächste Integrationsstufe nachdenken. Am Ende muss die Komplexität der letzten Meile nicht nur den Kunden zufrieden stellen, sondern auch aus Effizienz- und Profitabilitätsgesichtspunkten für die Teilnehmer des Ökosystems nachhaltig Erfolg versprechen.
Freuen Sie sich auf unsere kommenden Artikel:
“Fulfillment – Basis von Effizienz und Profitabilität“
“Bestandsführung und Bedarfsplanung – Für alle, die noch mehr wollen"
Sprechen Sie uns an - Wir unterstützen Sie in unsicheren Zeiten